Studienfinanzierung
Zins steigt auf neun Prozent: KfW-Kredite treiben Studierende in die Schuldenfalle
Studierende an der Uni Münster. Für viele, die einen KfW-Studierendenkredit aufgenommen haben, werden die finanziellen Belastungen deutlich größer
© IMAGO / Rüdiger Wölk
Die Zinsen für den KfW-Studienkredit steigen erneut. Seit dem 1. Oktober liegen sie bei 9,01 Prozent. Was einst unabhängig von den Eltern allen ein Studium ermöglichte, wird so mehr und mehr zur Schuldenfalle, sagen Experten.
Das Studium ist für viele eine spannende Zeit. Das erste Mal unabhängig, das erste Mal das eigene Leben richtig selbst in die Hand nehmen. Aber die steigenden Lebenshaltungskosten machen auch Studierenden das Leben schwer. Für viele stellt sich die Frage: Wie soll ich mir das alles noch leisten? Wer Glück hat, dem können die Eltern aushelfen. BAföG bekommen nicht einmal 11 Prozent aller Studierender und um sich komplett zu finanzieren, reicht es für die wenigsten. Ein Nebenjob gehört für die meisten dazu, fast 70 Prozent aller Studierenden arbeiten neben dem Studium. Doch nicht immer reicht das Geld aus. Für einige bleibt dann nur noch die Verschuldung, oft mit einem Studienkredit der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW).
Ein Angebot, dass auf den ersten Blick zunächst attraktiv scheint, gerade wenn andere Möglichkeiten zur Studienfinanzierung ausgeschöpft sind. Für die Beantragung des KfW-Studienkredits braucht es keine Sicherheiten, eine Bonitätsprüfung gibt es nicht. Wer den Kredit beantragt, bekommt ihn also. Aber zum 1. Oktober stieg der Zinssatz für den Kredit auf 9,01%, damit könnte er zur Schuldenfalle für Studierende werden.
Wie kam es dazu?
Der Zinssatz des Kredits ergibt sich aus dem 6M-EURIBOR, erklärt die KfW. Ein sogenannter Referenzzinssatz, der bei unterschiedlichen Krediten genutzt wird und der seit dem russischen Angriff auf die Ukraine 2022 stark gestiegen ist. Dieser Anstieg spiegelt sich nun auch in den stark steigenden Zinssätzen des Studienkredits wider, erklärt die KfW. Auf den 6M-EURIBOR schlägt sie noch eine Marge auf, etwa um mögliche Zahlungsausfälle in der Rückzahlung aufzufangen. Ob die aufgrund der ausbleibenden Bonitätsprüfung höher sind, beantwortet die KfW nicht. Aber sie betont, dass sie mit dem Kreditangebot keinen Gewinn mache. Weil sie kostendeckend arbeiten muss, ist ihr Spielraum aber tatsächlich begrenzt.
Das sagt auch Lena Balke von der Initiative Finanzwende. Trotzdem kritisiert sie die Entwicklung: „Ein Instrument, dass Studierenden eigentlich unabhängig von den Eltern ein Studium ermöglichen sollte, wird so zur Schuldenfalle.“ Chancengerechtigkeit jedenfalls fördere das nicht. Es gebe keine konkreten Zahlen, wer genau auf den Studienkredit zugreift. Es sei aber davon auszugehen, dass insbesondere Studierende aus Haushalten ohne akademischen Hintergrund jetzt mehr als ohnehin schon abgeschreckt werden, den Kredit aufzunehmen, vermutet Blanken.
Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger wird seit ihrem Amtsantritt nicht müde, immer wieder die Rolle ihres Ministeriums als „Chancenministerium“ zu betonen. Blanken findet, diesem Versprechen wird das Ministerium aktuell nicht gerecht. Sie fordert die Ministerin auf, jetzt einzugreifen. Geäußert hat die sich zu den stark steigenden Zinsen des KfW-Studienkredits bisher nur wenig. Ein Sprecher der Ministerin sagte dem Handelsblatt, es habe intensiven Austausch mit der KfW gegeben, eine Senkung der Zinsen sei aber nicht möglich und mit der aktuellen Haushaltslage sei eine Unterstützung mit Bundesmitteln auch keine Option.
Dabei hat es beides in der Vergangenheit schon gegeben, verdeutlicht Blanken. 2008 etwa konnte mit Annette Schavan (CDU), eine der Vor-Vorgängerinnen der Bundesbildungsministerin, in Gesprächen eine Senkung des Zinssatzes erreichen. Während der Corona-Pandemie hatte die Bundesregierung dem Kredit dann sogar einen Zinssatz von null Prozent verordnet und die in der Zeit anfallenden Zinsen aus Bundesmitteln übernommen, um die Last von den Schultern der Studierenden zu nehmen.
Flexibler Zinsatz bereitet auch Rückzahlenden des Studienkredits Sorgen
Auch Studierende, die den Kredit während der Pandemie zum damaligen Zinssatz von null Prozent aufgenommen haben, gehören jetzt zu den Betroffenen. Denn der Zinssatz des KfW-Studienkredits ist flexibel. Sowohl während der Auszahlung als auch während der Rückzahlung. Etwa 263.000 Menschen sind aktuell in einer aktiven Kreditphase des KfW-Studienkredits. 170.000 davon in der Rückzahlung. Hier können die Beziehenden zwar theoretisch einen festen Zinssatz wählen, die meisten entscheiden sich jedoch für den flexiblen. Die stark steigenden Zinsen bekommen auch sie jetzt stark zu spüren.
Finanzwende hat deswegen eine Petition gestartet und fordert bewusst nicht die KfW selbst, sondern die Ministerin zum Handeln auf: „Wenn wir wollen, dass alle studieren können, dann müssen auch alle die Möglichkeit haben, sich ihr Studium zu finanzieren. Bei den hohen Zinsen wird es allerdings immer ungerechter.“ Gerade deswegen müsse sich an den hohen Zinsen etwas ändern, meint Lena Blanken. Bewusst stellt die Initiative keinen klaren Plan vor was genau die Ministerin gegen die hohen Zinsen tun soll. Das sollte sie selbst am besten wissen, findet die Initiative.
Dieser Artikel ist zuerst bei stern.de erschienen.