Die Länder wollen bei der Unterbringung Geflüchteter mehr Geld vom Bund – der sperrt sich. Ein Papier der Landesfinanzminister soll die Forderung untermauern. Grünen-Chefin Lang unterstützte im Bericht aus Berlin die Länder.
Vor dem Flüchtlingsgipfel am Mittwoch verschärft sich der Ton zwischen Bund und Ländern. Laut Medienberichten gibt es ein Papier der Länderfinanzministerinnen und -minister, in dem diese ihre Forderung nach mehr Geld des Bundes untermauern. Das berichten die Nachrichtenagentur Reuters und die Zeitungen der Funke-Mediengruppe übereinstimmend.
Darin wenden sich die Länder demnach gegen das Argument der Bundesregierung, der Bundeshaushalt müsse Milliardendefizite schultern, während die Länder und Kommunen Überschüsse verzeichneten. Dies sei nur “ein vorübergehendes Phänomen”, das durch die Doppelkrise aus Pandemie und russischem Angriffskrieg verursacht worden sei, heißt es in dem Papier den Zeitungen zufolge.
Vorwurf falscher Berechnungen
Die Bundesländer werfen dem Kanzleramt in dem internen Papier laut den Berichten außerdem falsche Berechnungen vor: Die bis Ende 2021 geltende monatliche Pro-Kopf-Pauschale für Asylbewerber in Höhe von 670 Euro seien inzwischen deutlich zu niedrig. Aufgrund jüngster Daten müssten rund tausend Euro angesetzt werden, so demnach die Forderung.
Faktisch habe der Bund seine Hilfen in den vergangenen Jahren trotz steigender Flüchtlingszahlen sogar zurückgefahren, heiße es in dem Papier weiter. Es war laut den Berichten am Sonntagabend vom niedersächsischen Vorsitz des Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) an die anderen 15 Länder versandt worden.
Wüst: Bund und Länder sollten Kosten teilen
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) rief den Bund auf, mindestens die Hälfte der Kosten für Unterbringung und Integration von Geflüchteten zu übernehmen. “Parteiübergreifend haben sich die 16 Länder verständigt, dass sich der Bund und die Länder die Kosten teilen sollten, also wenigstens 50:50”, sagte Wüst der “Rheinischen Post” und dem Bonner “General-Anzeiger”.
Bisher erhalte Nordrhein-Westfalen 600 Millionen Euro vom Bund, bei Gesamtkosten in diesem Jahr von 3,7 Milliarden Euro. Derzeit würden also nur deutlich unter 20 Prozent der Kosten vom Bund gedeckt. Der Bund habe eine Pflicht gegenüber den Kommunen, sagte Wüst.
Länder bekommen Unterstützung aus der Ampel
Zuvor hatte die Grünen-Chefin Ricarda Lang gefordert, den Kommunen bei der Flüchtlingsversorgung stärker zu helfen. Man brauche zwar auch schnellere Asylverfahren, das Hauptproblem sei aber das mangelnde Geld, sagte sie im Bericht aus Berlin der ARD. Es gebe ein gemeinsames Interesse, dass vor Ort gute Lösungen entstehen könnten, betonte Lang.
Der Bund ist bislang weder bereit, seine Zahlungen zu erhöhen, noch ist er an einer Rückkehr zum System der Pro-Kopf-Pauschalen interessiert. Stattdessen wird in einem Entwurf aus dem Kanzleramt für eine Beschlussvorlage zu dem Treffen vorgerechnet, wie viel der Bund jetzt schon zu den Ausgaben mit Flüchtlingsbezug beiträgt.
Am Mittwoch kommt Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei einer Sonderkonferenz mit den Regierungschefinnen und -chefs der Länder zusammen, um über die Aufgaben- und Lastenteilung bei der Versorgung von Flüchtlingen zu beraten.
Zahl der Geflüchteten zuletzt gestiegen
Die Zahl der in Deutschland ankommenden Flüchtlinge war zuletzt deutlich gestiegen. Seit Beginn des russischen Angriffskrieges im Februar 2022 wurden mehr als eine Million Menschen aus der Ukraine registriert.
Im vergangenen Jahr gab es nach einem Rückgang in den Corona-Jahren auch wieder einen Anstieg der Anträge im regulären Asylsystem. Knapp 218.000 Erstanträge wurden gestellt, 47 Prozent mehr als 2021.
Hauptherkunftsländer sind nach wie vor Syrien und Afghanistan. Auch in den ersten Monaten dieses Jahres ist die Zahl der Asylanträge weiter gestiegen.