Stress statt Sparen
Verbraucherzentrale warnt vor gehypter Shopping-App Temu
Temu führt in zahlreichen Ländern die App-Downloadcharts an
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Bei der chinesischen App Temu lassen sich gigantische Schnäppchen machen. Doch Kunden stoßen hier auf viele Probleme, warnen Verbraucherexperten
„Shoppe wie Milliardäre“ – mit diesem Slogan prangt die Hype-App Temu seit Monaten an der Spitze der Smartphone-Downloadcharts. Das Versprechen ist eindeutig: Die App ist so günstig, dass dort jeder einkaufen kann, als ob das Konto prall gefüllt sei – von einem frischen Sommeroutfit, über Beauty-Produkte bis zum neuen Smartphone. Doch die verlockenden Preise sind nicht ohne Gefahr. Davor warnt gerade die Verbraucherzentrale.
Der Kern des Problems ist die Funktionsweise der Plattform selbst. Temu ist nicht sebst Händler, sondern bietet lediglich Drittanbietern eine Bühne für seine Waren an. So, wie Amazon es auch mit dem Marktplatz tut. Der Kunde kauft also nicht bei, sondern nur über Temu, die Ware kommt in der Regel direkt vom Hersteller. Das ermöglicht sehr geringe Preise. Hat aber gleich mehrere Folgen.
Keine Qualitätskontrolle
So übernimmt die Plattform laut den eigenen Nutzungsbedingungen weder die Verantwortung für die Qualität, noch dafür, dass die Produktbeschreibungen der externen Händler auch den Tatsachen entsprechen. Entsprechend erreichten zahlreiche Beschwerden der Kunden die Verbrauchherschützer – von defekten Waren, schlechter Qualität, nicht erhaltenen Sendungen und kaputten oder billig verarbeiteten Verpackungen.
Die Mängel können nach einem Testkauf des WDR in sehr unterschiedlicher Form auftreten. Mal kamen Produkte deutlich kleiner an, als sie auf den Fotos gewirkt hatten. Bedienungsanleitungen fehlten oder lagen nicht auf Deutsch vor. Besonders bei Elektronik muss man aufpassen. Das in der EU vorgeschriebene CE-Zeichen fehlte oft, wurde in einem Fall sogar gefälscht. Damit fehlt eine wichtige Garantie der Hersteller über die Funktionalität und vor allem die Sicherheit des Produkts. Das spielt auch bei der Haftung bei Problemen eine wichtige Rolle.
Plötzlich doch teurer
Aber auch in Bezug auf den Zoll kann es Ärger geben. So muss Temu in der Regel keine Zollgebühren abtreten, weil die Grenze von 150 Euro nicht erreicht wird. Für die Plattform hat das einen klaren Vorteil: Sie kann sich die Gebühr sparen, die Produkte deshalb günstiger anbieten. Für die Kunden kann das aber zu einer Preisfalle werden: Weil ab einem Wert von 5,26 Euro Umsatz- und Verbrauchssteuern anfallen können, kann beim Empfang des Pakets plötzlich die böse Überraschung folgen. Die Gebühren werden von den Zustelldiensten in der Regel bei der Einfuhr für den Kunden ausgelegt und dann beim Empfang plötzlich nachgefordert. Die Preise auf der Plattform entsprechen also nicht unbedingt dem, was man tatsächlich zahlen muss.
Dass die Lieferzeiten aus China oft höher sind, die Nachhaltigkeit bei quer um den Globus geschifften Billigartikeln nicht besonders hoch ist und Temu angemeldete Kunden mit jeder Menge Werbung bombardiert, wird ebenfalls von den Verbraucherschützern bemängelt.
Darauf muss man beim Temu-Kauf achten
Trotzdem rät die Verbraucherzentrale nicht vom Kauf bei der Plattform ab – weil dort eben auch echte Schmäppchen zu finden sind. Der wichtigste Rat: kritisch sein. Wer für eine Smartwatch unter 20 Euro bezahlt, darf keine Topqualität erwarten – auch nicht direkt aus der chinesischen Fabrik. Auch wenn der Preis extrem günstig, aber realistisch erscheint, sollte man im Zweifel die Bewertungen anderer Kunden heranziehen, um eine Enttäuschung zu vermeiden.
Damit es später nicht zu Ärger kommt, empfiehlt die Verbraucherzentrale zudem, sich über die Zollgebühren und Abgaben zu informieren. Beim Kauf auf Rechnung kann man außerdem verhindern, bei Enttäuschung seinem Geld hinterherlaufen zu müssen.
Auch bei der Nutzung der App selbst haben die Verbraucherschützer eine klare Empfehlung: Die Pushbenachrichtungen und die Newsletter sollte man abstellen, um Werbespam zu vermeiden. Der App selbst sollte man die Berechtigung zum Zugriff auf Standortdaten, Kontakte, das Mikrofon und die Kamera entziehen, um die Datensammlung einzugrenzen.
Der Beitrag ist zuerst bei stern.de erschienen