Der CEO von Pioneer Natural Resources verkörpert die vielen Wendungen der US-Ölindustrie wie kaum ein zweiter. Kurz vor seinem Ruhestand verkauft Scott Sheffield sein Unternehmen nun für 60 Mrd. US-Dollar an ExxonMobil
Als Scott Sheffield 1979 als junger Erdölingenieur bei Parker & Parsley anfing, trat er in ein Unternehmen ein, das vor allem im Westen Texas erfolgreich sein wollte. Ein Gebiet, das frei übersetzt einst als „Friedhof der Hoffnungen” bezeichnet wurde. Ein Gebiet, in dem nur die Enttäuschungen größer waren als die Erwartungen. Doch Sheffields Schicksal meinte es besser mit ihm.
Vergangene Woche verkaufte er das Unternehmen, das später zu Pioneer Natural Resources wurde, für fast 60 Mrd. Dollar an ExxonMobil – die größte Transaktion in der US-Ölindustrie seit mehreren Jahrzehnten. In den letzten zehn Jahren trug Pioneer dazu bei, das marode texanische Permbecken zu einer wichtigen Quelle der weltweiten Energieversorgung zu machen. „Wir haben etwas, das die Leute für unwirtschaftlich hielten, in das wahrscheinlich größte Öl- und Gasbecken der Welt verwandelt”, sagte der 71-jährige Sheffield der „Financial Times“. „Wenn man das gesamte Erdgas und die Erdgasflüssigkeiten mit dem Öl zusammenzählt, ist es so groß wie Saudi-Arabien.”
Sheffield wurde zum Symbol der Verschwendungssucht
Niemand verkörpert die wilde Fahrt der US-Ölbranche in den letzten Jahrzehnten besser als Sheffield, ein Texaner, der Klartext redet. Der Exxon-Deal zieht einen Schlussstrich unter eine lange Karriere, geprägt von den großen Umwälzungen der Branche, darunter zwei Opec-Preiskriege, ein beispielloser Absturz der Rohölpreise im Jahr 2020 und die zunehmende Bedeutung des Klimawandels für die Investoren.
Als die US-Rohölproduktion in die Höhe schnellte, war Sheffield 2015 eine der führenden Stimmen für die Aufhebung der langjährigen Exportbeschränkungen des Landes. Auf dem Höhepunkt des Fracking-Booms wurde er zum Symbol für die Verschwendungssucht der Branche. Später setzte er sich dafür ein, die Investitionen der Branche einzudämmen, um den Zorn der Wall Street zu besänftigen.
Menschen, die mit Sheffield zusammengearbeitet haben, beschreiben ihn als einen zupackenden CEO, einen erbitterten Konkurrenten und einen Mann, der bei wichtigen Themen offen spricht. Damit unterscheidet er sich von den eher stillen Führungskräften einiger Branchenriesen. „Scott hat eine einzigartige Position in dem Sinne, dass er eine Brücke schlägt zwischen dem kleineren unabhängigen Unternehmen, weil er so angefangen hat, und der großen Ölgesellschaft, weil er so geworden ist”, sagt Bobby Tudor, Gründer und Geschäftsführer der Investment- und Beratungsgruppe Artemis Energy Partners.
Sheffield hat in fast allen Bereichen der Ölindustrie gearbeitet. Nachdem er Anfang der 1970er-Jahre von der University of Texas geflogen war, weil er seiner Meinung nach „zu viel von allem gemacht hatte, außer zu studieren”, schickte ihn sein Vater für sechs Monate zur Arbeit auf eine Bohrinsel. „Es hat nicht lange gedauert, bis ich erkannte, dass ein Hochschulabschluss sehr wichtig ist”, sagte er 2016 in einer Rede vor Studenten der Universität. Später kehrte Sheffield an die Hochschule zurück, wechselte den Studiengang, um Petroleum Engineering zu studieren, machte seinen Abschluss und trat in die Ölgesellschaft Amoco Production in Odessa, Texas, ein. Ein Jahrzehnt nach seinem Wechsel zu Parker & Parsley übernahm er dort den Chefposten. Im Jahr 1997 fusionierte er das Unternehmen mit dem Konkurrenten Mesa Petroleum und gründete Pioneer.
Das Unternehmen wurde führend in der Schieferrevolution, die sich entwickelte, als unternehmungslustige Ölsucher mit hydraulischer Frakturierung und horizontalen Bohrtechniken in der Lage waren, zuvor unerreichbares Öl und Gas freizusprengen. Die US-Ölproduktion stieg in diesem Jahr von etwa 5 Millionen Barrel pro Tag im Jahr 2008 auf 13 Millionen Barrel pro Tag.
Doch als Pioneer und andere Fracking-Unternehmen Milliarden von Dollar für Bohrungen ausgaben, wurde die Wall Street ihrer wachsenden Verluste überdrüssig. Der Hedgefonds-Manager David Einhorn bezeichnete Pioneer als Inbegriff der Verschwendungssucht der Branche und nannte das Unternehmen die „Mutter aller Fracker”.
„Wir haben definitiv zu viel Geld ausgegeben”, sagt Sheffield. „Er hatte in gewisser Weise also Recht. Aber er hat uns geshortet und lag mit dem Short falsch, weil wir uns dann verändert haben.“ Als die Investoren aus dem Ölgeschäft flohen, kehrte Sheffield 2019 nach einem kurzen Ruhestand zu Pioneer zurück und setzte sich für ein neues Modell der Kapitaldisziplin ein. Die Tage der schuldenfinanzierten Bohrungen waren vorbei, an ihre Stelle trat die Konzentration auf die Rendite der Aktionäre.
Als die Coronapandemie im Jahr 2020 die Ölpreise in den Keller drückte, gehörte Sheffield zu den Ölbossen, die von den texanischen Aufsichtsbehörden forderten, die Ölförderung zu begrenzen, um die Schieferindustrie zu retten. „Es war eine wirtschaftliche Katastrophe, vor allem in den letzten zehn Jahren. Niemand will uns Kapital geben, weil wir alle Kapital vernichtet und Geld verschwendet haben”, sagte Sheffield damals und warnte, dass die lokale Ölindustrie ohne staatliche Maßnahmen nicht überleben könnte.
Aber Sheffield nutzte den Abschwung auch, indem er 2021 die konkurrierenden Perm-Produzenten Parsley Energy und Double Point Energy für insgesamt 11 Mrd. Dollar aufkaufte. Durch diese Übernahmen wurde Pioneer zum größten Produzenten im Bundesstaat Texas. Die Übernahme von Parsley Energy führte zu einer hohen Auszahlung an Sheffields Sohn Bryan, der das Unternehmen 2008 gegründet hatte, und löste einige Kontroversen aus. In einem Interview betonte der ältere Sheffield damals, dass er und sein Sohn von den Verhandlungen „völlig abgeschirmt” worden seien.
Ein spontaner Deal
Im April kündigte Sheffield vor seinem letzten Akt seinen zweiten Rücktritt an. Der Verkauf von Pioneer an ExxonMobil wird ihm laut behördlichen Unterlagen 29 Mio. US-Dollar einbringen. Außerdem erhält er für seine Pioneer-Aktien rund 150 Mio. US-Dollar in Exxon-Aktien und wird als Direktor in den Vorstand des Großkonzerns aufgenommen. Das Geschäft kam schnell zustande. „Das Unternehmen stand nicht zum Verkauf”, sagt Sheffield. „Wenn Sie mich vor vier Wochen gefragt hätten, hätte ich gesagt, dass da nichts passiert. Exxon kam in den letzten zwei bis drei Wochen mit einem Angebot. Und wir haben verhandelt.”
Während er die Bühne nun zum zweiten Mal verlässt, fragen sich Branchenbeobachter, ob dies wirklich das Ende von Sheffields Karriere bedeutet. Als er sich das letzte Mal zurückzog, warf er sich in Wohltätigkeitsarbeit und bestieg den Kilimandscharo, was seine Faszination für die Branche nicht schmälerte.
„Scott ist schon sehr lange mittendrin im Geschehen. Beim letzten Mal konnte er nicht wegbleiben und kam aus dem Ruhestand zurück”, sagte Dan Pickering, Gründer der Investmentgruppe Pickering Energy Partners. „Wird es ihn aufreiben, im Vorstand von Exxon zu sitzen? Es ist etwas ganz anderes, als sein eigenes Unternehmen zu leiten – vielleicht sehen wir ihn ja irgendwann wieder”.
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