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Reiselust bringt Kursschub für Tourismus-Aktien
Reisende am Flughafen Palma de Mallorca: Trotz hoher Preise ist die Reiselust der Menschen ungebrochen
© IMAGO / Chris Emil Janßen
Trotz hoher Preise scheint die Reiselust der Menschen ungebrochen. Das Comeback der gebeutelten Tourismus-Branche? Für Anlegerinnen und Anleger bieten sich Chancen bei Reisevermittlern, Hotelkonzernen und Fluggesellschaften
Urlauberinnen und Urlauber müssen in der diesjährigen Ferien-Saison tiefer in die Tasche greifen als jemals zuvor. Der durchschnittliche Preisaufschlag bei internationalen Flügen betrug im ersten Halbjahr knapp 25 Prozent, verglichen mit 2022. Europaflüge wurden sogar 32 Prozent teurer. Das hat das Statistische Bundesamt ermittelt. Die extremen Preissteigerungen haben unter anderem mit den geringeren Kapazitäten zu tun: Das Flugangebot an deutschen Flughäfen liegt bei etwa 85 Prozent des Vor-Pandemie-Niveaus. Die Kombination aus geringem Angebot und hoher Nachfrage lässt die Luftverkehrsbranche früher als erwartet in die Gewinnzone zurückkehren. Sie rechnet auch in den kommenden Monaten mit gut ausgelasteten Jets.
„Eins ist klar, die Reiselust ist zurück“, sagt Marc Kiewitz, Head of German Markets beim Broker Activtrades Europe. „Der Sektor profitiert von pandemiebedingten Nachholeffekten in der stark anlaufenden Sommersaison.“ Der Betreiber des Frankfurter Flughafens Fraport erwartet für das Ferienwochenende ab 21. Juli an jedem einzelnen Tag mehr als 200.000 Fluggäste. Das sind bereits wieder fast so viele wie an den Verkehrsspitzen vor der Pandemie. Die Aktie des irischen Billigfliegers Ryanair befindet sich seit Jahresstart im Höhenflug und auch das Lufthansa-Papier konnte trotz aller Turbulenzen kräftig zulegen.
Die kostspielige Reiselust macht sich auch in der Hotelbranche bemerkbar, in der die durchschnittlichen wöchentlichen Umsätze pro Hotelzimmer im ersten Halbjahr zulegen konnten. Dennoch meldet der Hotelverband Deutschland immer noch deutlich geringere Einnahmen in den ersten vier Monaten dieses Jahres als vor der Pandemie. Von einer allmählichen internationalen Erholung profitieren insbesondere die großen Hotel-Aktien wie Marriott, Accor oder Hilton, so Kiewitz. Sie notieren nach massiven Kurseinbrüchen teilweise sogar wieder auf Allzeithochs.
Bei Airbnb sprudeln die Erlöse
Die weltweite Nummer eins in der Vermittlung von Privatunterkünften und Ferienwohnungen ist aber Airbnb. Im ersten Quartal meldete die Plattform die höchste Zahl aktiver Buchungen in ihrer Unternehmensgeschichte. Mehr als vier Millionen Gastgeberinnen und Gastgeber haben seit 2007 1,4 Milliarden Aufenthalte verbucht – und Airbnb verdient an jeder einzelnen Transaktion. Nachdem das Unternehmen im Vorjahr einen Umsatzsprung von 40 Prozent auf 8,4 Mrd. US-Dollar verbuchen konnte, erwartet es dieses Jahr ein Wachstum von rund 13 Prozent auf 9,5 Mrd. US-Dollar.
„Zwei übergeordnete Trends sind die wachsende Bedeutung von Nachhaltigkeit sowie die immer stärkere Personalisierung von Urlaubsaufenthalten“, sagt Kiewitz mit Blick auf langfristige Entwicklungen. Hotels begegnen diesem Wandel mit unterschiedlichen Maßnahmen, etwa mit durchdachten Energiekonzepten, einem geringen Wasserverbrauch und hohen Recycling-Quoten. Einige Fluggesellschaften setzen biobasierten Kraftstoff aus erneuerbaren Quellen ein, der ihre CO2-Bilanz verbessern soll. Davon profitieren laut Kiewitz Unternehmen wie das finnische Neste, das sogenanntes grünes Kerosin produziert und als weltgrößter Hersteller von Sustainable Aviation Fuel (SAF) gilt. „Allerdings stellt der vergleichsweise hohe Preis ein noch nicht gelöstes Hindernis für die Marktdurchdringung des nachhaltigen Sprits dar“, sagt Kiewitz.
Abgesehen davon gelten Agrartreibstoffe als problematisch, da sie „oft mit der Zerstörung von Natur und dem Verlust der biologischen Vielfalt“ in Verbindung gebracht wird, wie es vonseiten der Umweltschutzorganisation Greenpeace heißt. Biosprit mag also eine Lösung für renditeorientierte Anleger sein, grün ist diese Lösung allerdings nicht.