Die Daten aus den „Pandora Papers“ zu möglicher Steuerkriminalität werden federführend in Hessen ausgewertet. Das Bundesland hat die Papiere gekauft, wie Finanzminister Michael Boddenberg (CDU) am Montag in Wiesbaden mitteilte. Die hessische Steuerverwaltung werde die Unterlagen für ganz Deutschland und auch für Ermittlungsbehörden im Ausland auswerten. Nach den Worten einer Ministeriumssprecherin liegt der Kaufpreis in sechsstelliger Höhe.
Daten über Vermögen von Politikern, Firmenvorständen, Spitzensportlern enthalten
Die „Pandora Papers“ waren im Oktober 2021 bekannt geworden. An den Recherchen waren unter anderem ,,Süddeutsche Zeitung“, NDR und WDR beteiligt. Hunderte Politiker, Amtsträger, Firmenvorstände und Spitzensportler in aller Welt sollen jahrelang Finanzdienstleister genutzt haben, um ihre Vermögen und Wertgegenstände zu verstecken.
,,Wie werthaltig die Pandora Papers aus steuerlicher Sicht sind, werden die Auswertung und die sich anschließenden Ermittlungen der unterschiedlichsten Behörden ergeben“, teilte der Finanzminister mit. Erste Hinweise auf prüfungswürdige Fälle seien bereits erkennbar.
Mehr Daten als ,,Panama Papers”
,,Unsere Expertinnen und Experten haben die uns angebotenen Daten eingehend geprüft und als authentisch und verwertbar eingestuft“, erläuterte Boddenberg. Es lägen mehr als 3,8 Terabyte Daten vor, die sich auf mindestens 10,4 Millionen Dokumente erstreckten.
Zum Vergleich: Die berühmt-berüchtigten „Pandora Papers“, die 2016 an die Öffentlichkeit gelangten und eine weltweite Debatte über Geldwäsche entfachten, umfassten 3,2 Terabyte an Daten. Auch damals wertete Hessen die Daten federführend für die Steuerbehörden in Deutschland aus und arbeitete dabei mit zahlreichen nationalen und internationalen Ermittlerinnen und Ermittlern zusammen.
Gewinne in Millionenhöhe realistisch
Hessens damalige Beteiligung belief sich auf 300.000 Euro. Im Februar 2021 zog Boddenberg eine Bilanz der bis dahin durchgeführten Verfahren auf Basis der „Panama Papers“. Demnach waren in gut drei Jahren insgesamt 72 Millionen Euro eingenommen worden. Davon entfielen in Deutschland gut 38 Millionen auf nachgezahlte Steuern sowie 19 Millionen auf Strafgelder. Der Rest kam im Ausland zusammen. Da keine Berichtspflicht herrscht, dürften die tatsächlichen Einnahmen sogar höher liegen.
Schardt-Sauer: ,,Steuerkriminalität frühzeitig zu erkennen wäre besser”
Zu möglichen Einnahmen aus den „Pandora Papers“ indes wollte das Finanzministerium aus ermittlungstaktischen Gründen keine Vorhersagen treffen. Die finanzpolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, Marion Schardt-Sauer, erklärte: ,,Es ist erfreulich zu sehen, dass Steuerkriminalität in Hessen aufgearbeitet wird.“ Allerdings müsse der Finanzminister nun überzeugende Fakten vorlegen, die den Ankauf der Papiere mit hessischem Steuergeld als sinnvollen Schritt rechtfertigten. ,,Idealerweise sollte die Landesregierung nicht auf Datenlecks oder Rechercheverbünde angewiesen sein, sondern selbst in der Lage sein, Steuerkriminalität frühzeitig zu erkennen“, mahnte Schardt-Sauer.