marktbericht
Nach der Rally vom vergangenen Freitag bleiben die Anleger heute vorsichtig. Schwache Industriedaten verderben die Stimmung, auch die Hoffnung auf Zinssenkungen der Fed sind eher gedämpft.
Der DAX startet mit minimalen Verlusten auf 15.950 Punkten in die neue Börsenwoche. Die 16.000 Punkte könnten also vorerst eine zu hohe Hürde bleiben. Der deutsche Leitindex hatte am Freitag mit plus 1,4 Prozent auf 15.961 Punkten geschlossen. Thomas Altmann, Portfoliomanager bei QC Partners schließt zwar ein Rekordhoch in absehbarer Zeit nicht aus, verweist er aber zugleich auf die relativ ausgeprägte “Bewegungsarmut” im Leitindex.
Das Umfeld sei ambivalent, schreiben die Marktbeobachter der Helaba in ihren Tageskommentar. “Zinssenkungserwartungen sind bereits ausgeprägt, allerdings, wären deutlich schwächere Konjunkturdaten nötig, um diese in diesem Ausmaß zu rechtfertigen. Die Perspektiven für die Unternehmensgewinne würden sich mithin jedoch eintrüben”, schreiben die Experten. Vor diesem Hintergrund sei fraglich, ob der DAX unmittelbar die Kraft aufbringen könne, über die Marke von 16.000/16.011 Zählern zu springen und das Allzeithoch bei 16.290 anzusteuern.
Insgesamt sind die Chancen für Kursgewinne derzeit nicht besonders ausgeprägt: In dieser Woche rücken die US-Verbraucherpreise für den Monat April ins Rampenlicht, die am Mittwoch publiziert werden. Überraschend starke US-Arbeitsmarktdaten vom Freitag hatten bereits Hoffnungen auf eine mögliche Zinspause der US-Notenbank Fed einen Dämpfer versetzt. Eine Überraschung bei den Verbraucherpreisen würde die Chancen auf eine mögliche Zinssenkung ab September in Frage stellen.
Auch die US-Bankenkrise bleibt ein wichtiges Thema. Der altbewährte Börsenratschlag “Sell in May and go away”, also sich im Mai erst einmal vom Aktienmarkt zurückzuziehen, könnte sich daher laut Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) in diesem Jahr als sinnvoll erweisen.
Heute richtete sich die Aufmerksamkeit zunächst auf die deutsche Industrie. Die neuen Produktionszahlen dürften den Investoren nicht gefallen haben. Gegenüber dem Vormonat sank die Gesamtherstellung um 3,4 Prozent, teilte das Statistische Bundesamt mit. Analysten hatten zwar mit einem Rücksetzer gerechnet, diesen aber auf lediglich 1,5 Prozent veranschlagt. Weil die Produktion im Januar und Februar aber jeweils gestiegen war, ergibt sich für das gesamte erste Quartal ein klarer Zuwachs gegenüber dem Schlussviertel 2022.
“Eine weitere Hiobsbotschaft aus der deutschen Industrie”, kommentiert Elmar Völker, Ökonom bei der LBBW. “Nachdem die Zahlen zu den Auftragseingängen bereits einem Schlag in die Magengrube der deutschen Konjunktur gleichkamen, legen die Produktionszahlen nach. Es ist das drittstärkste Minus im Monatsvergleich der letzten zehn Jahre – ausgenommen dem Corona-Einbruch. Die heutigen Zahlen aus der Industrie unterstreichen, dass die Rezessionsgefahren mitnichten gebannt sind”, so Völker.
Am vergangenen Freitag hatten überraschend starke Quartalszahlen von Apple die Wall Street gestützt. Der Dow Jones schloss 1,7 Prozent höher bei 33.674 Punkten. Der breiter gefasste S&P 500 kletterte um 1,8 Prozent auf 4136 Zähler. Der Index der Technologiebörse Nasdaq gewann 2,3 Prozent auf 12.178 Stellen.
Für den Dow Jones war es der größte prozentuale Anstieg innerhalb eines Handelstages seit Anfang Januar. In der Gesamtwoche verlor der Leitindex 1,2 Prozent, der S&P verlor 0,8 Prozent. Die Nasdaq blieb weitgehend unverändert zur Vorwoche.
Die Börse in Tokio hat sich heute mit Verlusten aus der Feiertagspause zurückgemeldet. Der Leitindex Nikkei 225 sank um 0,7 Prozent auf 28 949,88 Punkte. Für die meisten anderen asiatischen Indizes ging es derweil zum Wochenauftakt aufwärts, so auch für den zuletzt ebenfalls nicht gehandelten südkoreanischen Kospi.
Besonders gefragt waren zu Wochenbeginn chinesische Aktien. Der CSI-300-Index mit den 300 wichtigsten Werten der Börsen in Shenzen und Shanghai kletterte um rund 1,2 Prozent auf 4062 Punkte. Der Hang-Seng-Index der Sonderverwaltungsregion Hongkong legte zuletzt um 1,1 Prozent zu auf 20 262 Punkte. Der australische Leitindex S&P ASX 200 stieg um 0,8 Prozent auf 7276 Punkte.
Die Ölpreise sind zu Beginn der neuen Woche leicht gestiegen. Am Morgen kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im Juli 75,71 US-Dollar. Das waren 41 Cent mehr als vor dem Wochenende. Der Preis für ein Barrel der amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) zur Juni-Lieferung stieg um 44 Cent auf 71,78 Dollar.
Seit Jahresbeginn haben die Erdölpreise stark geschwankt, in den vergangenen Wochen sind sie zumeist gefallen. Für Pessimismus sorgen vor allem die vielerorts trüben Konjunkturaussichten. Eine erhebliche Belastung stellen die starken Zinsanhebungen der Notenbanken zur Eindämmung der hohen Inflation dar. Auch aus diesem Grund wird für die weltgrößte Volkswirtschaft USA in diesem Jahr mit einer Rezession gerechnet.
Der Euro ist mit leichten Kursgewinnen in die Woche gegangen. Am Morgen kostete die Gemeinschaftswährung 1,1040 US-Dollar und damit etwas mehr als vor dem Wochenende. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs am Freitagnachmittag etwas tiefer auf 1,1014 Dollar festgesetzt.
Der Finanzdienstleister Hypoport ist wegen der Flaute auf dem Immobilienmarkt mit satten Umsatz- und Ergebnisrückgängen ins neue Jahr gestartet. Der Umsatz sei im ersten Quartal im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 31 Prozent auf 93,7 Millionen Euro gefallen. Der Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) habe sich auf 0,8 Millionen Euro belaufen, nach 16,9 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum.
Am Freitag war am späten Abend bekannt geworden, dass Vossloh-Aktien im SDAX den Platz von Hochtief einnehmen, die wiederum in den MDAX aufsteigen. Die Indexänderungen werden an diesem Mittwoch wirksam. Beide Wechsel waren zuvor von Experten erwartet worden. Wichtig sind Indexänderungen vor allem für Fonds, die Indizes real nachbilden (physisch replizierende ETF). Dort muss dann entsprechend umgeschichtet und umgewichtet werden, was Einfluss auf die Aktienkurse haben kann
Zur nächsten Index-Überprüfung im Juni werden im DAX keine Änderungen erwartet. In den zwei Indizes darunter, dem MDAX und dem SDAX, dürften nur wenige Plätze getauscht werden. So erwartet Index-Experte Luca Thorißen von der Investmentbank Stifel Europe, dass der US-Telekomausrüster Adtran nach den kräftigen Kursverlusten seit April den Index der mittelgroßen Werte verlassen muss. Nachfolger ist ihm zufolge der Verpackungsspezialist und Abfüllanlagenhersteller Krones.
Voraussichtlich dürfte außerdem Evotec wieder in den MDax aufgenommen werden und würde dann den Immobilienkonzern Aroundtown in den SDAX verdrängen. Evotec wird heute Abend zunächst einmal von der Deutschen Börse aus dem Index genommen, da der Wirkstoffhersteller nach einem Cyberangriffs seinen testierten Geschäftsbericht nicht fristgerecht veröffentlichen hat. Der Bericht wird nun laut Evotec für Mitte Mai erwartet, was eine Rückkehr in den MDAX bereits im Monat Juni ermöglichen würde.
Während Adtran und Krones ihre Plätze tauschen dürften, wird Aroundtown im SDAX voraussichtlich die Aktie ihrer Konkurrentin Dic Asset aus dem Index drängen. Möglich sei aber auch, dass sich Dic Asset noch retten könne und dafür Basler, ein Hersteller von Industriekameras, den SDAX verlassen müsse, sagte Thorißen. Die Deutsche Börse wird etwaige Änderungen am Montag, 5. Juni, bekanntgeben. In Kraft treten sie am Montag, 19. Juni.