Vor Ort
Staubsauger-Pionier
James Dyson – der letzte Brexiteer
Der 76-jährige Staubsauger-Pionier James Dyson (rechts) verteidigt noch immer den Brexit
© picture alliance/dpa/Jiji Press | Yuma Suguro
Der Erfinder und Unternehmer James Dyson feiert den Ausstieg Großbritanniens aus der EU als Erfolgsgeschichte. Auch wenn viele seiner Landsleute das inzwischen anders sehen
James Dyson ist ein höflicher Mensch, er hat für seine Besucher eine Auswahl von Snacks auftischen lassen, die wie ein EU-Querschnitt aussehen: französische Macarons, deutsche Butterkekse, Obst, ein bisschen von allem. Der Gründer des nach ihm benannten Technik-Konzerns, einer der reichsten Menschen der Welt, sitzt an einem regnerischen Oktobertag in einem Raum am Berliner Ku’damm.
Im Erdgeschoss darunter, deshalb ist Dyson hier, hat das Unternehmen eine Mischung aus Lab und Showroom eröffnet. Staubsauger und Raumbelüfter sind neben Föhns für 300 Euro ausgestellt, es gibt sogar Kopfhörer, die mit einem Luftfilter kombiniert sind. Eine glänzende Produkt-Schau: Deutschland ist ein wichtiger Markt für Dyson, wie überhaupt die Europäische Union für das Unternehmen als Absatzgebiet immer noch eine wichtige Rolle spielt.
Das politische Gebilde dahinter aber lehnt der 76-Jährige nach wie vor vehement ab. Dyson war und ist ein Befürworter des Brexit, jenes Austritts, der durch ein Referendum 2016 eingeleitet wurde und das Königreich in Jahre der politischen Wirren und ökonomischen Turbulenzen stürzte. „Die Situation in Großbritannien ist gut, viel besser, als man vielleicht aus der Presse erfährt“, behauptet Dyson. „Es ist psychologisch besser für Großbritannien, sein eigenes Ding zu machen. Das hat mit dem britischen Charakter zu tun. Ich möchte als Unternehmer nicht Teil eines Konglomerats sein.“
Allerdings hat sich in Großbritannien inzwischen einiges verändert. In den Meinungsumfragen gibt es stabile Mehrheiten für eine Rückkehr in die EU. Die oppositionelle Labour-Partei führt meilenweit in den Wählerbefragungen und dürfte den durch Post-Brexit-Britannien irrlichternden Konservativen bei der nächsten Wahl mit einiger Sicherheit die Mehrheit abjagen.
Eine Studie nach der anderen kommt zu dem Ergebnis, dass der Austritt dem Land wirtschaftlich geschadet hat. John Portes, Wirtschaftsprofessor am Londoner King’s College, schätzte in einer Analyse vom Juli, dass der Brexit das Land zwei bis drei Prozent vom Bruttoinlandsprodukt gekostet habe – wegen negativer Effekte für den Handel und abnehmender Investitionen.
Ein Techniker, der gern die Kontrolle hat
Aus Dysons Sicht ist das alles irrelevant, sein Unternehmen führt die von ihm produzierten Produkte ohnehin aus Singapur nach Europa ein. Er leiste auf dem Weg der Importzölle „bedeutende Beiträge für die Brüsseler Kasse“, sagt Dyson und grinst. Der Unternehmer nennt sich selbst „chief engineer“, er besteht darauf, die Dinge aus der Sicht des Technikers zu betrachten. Und doch ist ihm die politische Perspektive nicht fremd. „Ich möchte instinktiv nicht Teil eines supernationalen Organismus sein, in dem ich die Dinge nicht kontrollieren kann“, sagt er.
Dyson trägt eine etwas zu weite Strickjacke, er verkündet seine Überzeugungen mit einem freundlichen Lächeln und dem Charme der britischen Oberklasse. Im Kern aber ist der Unternehmer ein knallharter Mann. Regularien, Energielabels, technologische Vorgaben, alles unnötige Hindernisse. „Standards sind einfach sinnlos – und ein bisschen gefährlich, weil sie Innovationen für den Nutzer begrenzen“, sagt er.
Dann aber will der Brite noch ein Lob für das EU-Land Deutschland loswerden, er ist ja immerhin zu Besuch in Berlin. „Ich habe den deutschen Erfindungsreichtum immer bewundert. Ich bewundere deutsche Technik und das Interesse am Design“, sagt er. Hat er ein deutsches Produkt, das er besonders gerne mag? „Da fällt mir gerade nichts ein“, sagt Dyson. „Ich bin sicher, dass es eines gibt.“