Podcast
Die Stunde Null
Immobilienmarkt: „Es gab Preisrückgänge von bis zu 20 Prozent“
Lucie Lotzkat ist geschäftsführende Gesellschafterin bei Von Poll Finance und Geschäftsstellenleiterin beim Immobilienmakler Von Poll im niedersächsischen Vechta. Von Poll ist eines der größten Makler-Unternehmen in Deutschland
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Lucie Lotzkat, Geschäftsführerin bei Von Poll Finance, über die Unruhe auf dem Immobilienmarkt, die Frage, ab wann es sich lohnen könnte einzusteigen und das Dilemma der steigenden Zinsen
Seit einigen Monaten sinken die Preise am Immobilienmarkt deutlich. Wie macht sich das bei Ihnen bemerkbar?
LUCIE LOTZKAT: Natürlich können auch wir uns einer solchen Entwicklung nicht entziehen. Allerdings dürfen wir auch nicht vergessen, dass es in den letzten fünf Jahren einen immensen Preisanstieg gegeben hat. Wenn wir also jetzt von sinkenden Preisen sprechen, dann heißt das, dass wir immer noch über dem Niveau liegen, das vor der Pandemie galt.
Es ist immer wieder von einem durchschnittlichen Preisrückgang um die zehn Prozent die Rede. Rechnen Sie damit, dass das noch weiter nach unten geht?
Rund zehn Prozent sind auch das, was wir beobachten. Bei mir im Landkreis Vechta, wo ich den Von Poll-Standort leite, gab es Preisrückgänge von fünf bis hin zu 20 Prozent. Das hängt sehr von der Art, der Lage und dem Sanierungsbedarf bei der Immobilie ab. In den letzten Wochen merken wir aber, dass dieser Rückgang zum Stillstand kommt. Wir haben das Gefühl, dass da ein neues Gleichgewicht entstanden ist und die Preise stagnieren. Wir rechnen daher nicht mehr mit signifikanten Korrekturen.
Wie drückt sich die gegenwärtige Lage bei Ihnen in der Nachfrage aus?
Wir haben einen deutlichen Einbruch bei der Nachfrage gehabt. Wenn wir früher bei uns im Landkreis Vechta 20 Nachfragen hatten, dann waren es in den letzten Monaten vielleicht nur noch fünf. Natürlich hat der Zinsanstieg dazu geführt, dass sich weniger Menschen eine Immobilie leisten können. Zugleich ist das Angebot gestiegen. Es gibt viele, die zu dem Schluss kommen, dass jetzt die richtige Zeit ist, um zu verkaufen. Weil sie nicht mehr warten wollen oder vor zukünftigen Modernisierungen zurückschrecken.
Welche Faktoren prägen derzeit den Markt – abgesehen vom Zinsanstieg?
Es gibt drei kostenseitige Faktoren, die die Preise dämpfen: die weitere Zinsentwicklung, die Lebenshaltungskosten und die Wohnnebenkosten und die Sanierungspflichten, die jetzt schon bestehen oder zukünftig noch hinzukommen. Auf der anderen Seite gibt es Angebotsfaktoren, die in die andere Richtung wirken können.
Welche sind das?
Es gibt zunächst einmal einen Einbruch der Neubautätigkeit. Die noch bestehende Nachfrage konzentriert sich also auf die Bestandsgebäude. Hinzu kommt, dass die Förderung durch die Politik ausgeweitet wird, also beispielsweise mit KfW-Mitteln oder über die derzeit noch diskutierte Reduktion der Grunderwerbsteuer. Und drittens steigen die Mieten in den letzten Monaten, wir gehen davon aus, dass sich das auch fortsetzen wird. Das verändert die Kalkulation zwischen Mieten und Kaufen. In einigen Regionen kann sich der Kauf wieder mehr lohnen.
Warten viele Kundinnen und Kunden nicht derzeit einfach ab, weil sie nicht wissen, was kommt?
Ja und nein. Es gibt einen Unterschied zwischen Investoren auf der einen Seite und Eigennutzern, die eine Immobilie erwerben, weil sie zum Beispiel eine Familie gründen wollen. Ich rate den Interessenten immer: Wenn ich eine Immobilie finde, von der ich mir vorstellen kann, dass die für mich zum Lebensmittelpunkt wird, dann sollte ich versuchen, jetzt eine Finanzierung auf die Beine zu stellen.
Eine große Frage bei der Finanzierung ist ja immer die Höhe des Eigenkapitals. Was hat sich da für die Kunden geändert?
Es gibt immer die Vermutung, dass man als Käufer 20 oder gar 30 Prozent Eigenkapital braucht. Aber das ist nicht zwingend notwendig. Natürlich verbessert ein hoher Eigenkapitalanteil meine Konditionen bei der Finanzierung, und er verringert meine monatliche Rate. Es ist aber nicht so, dass ich zwangsläufig einen festen Satz an Eigenkapital brauche. Für die Bank ist immer entscheidend, ob sich der Käufer die monatliche Rate leisten kann – abhängig von den Lebenshaltungs- und Wohnkosten.
Was müssen Kunden also jetzt unbedingt beachten?
Zunächst sollte die Frage des Eigenkapitals geklärt werden. Dann ist die Zinssicherheit wichtig: Über welchen Zeitraum möchte ich mir die Zinsen sichern und wie viel Flexibilität brauche ich in dieser Zeit? Ist in der Familie Nachwuchs geplant, so dass ich eventuell für eine Zeit lang mit einem Einkommen weniger rechnen muss? Entscheidend ist am Ende immer, welches Budget im Monat zur Verfügung steht, um die Finanzierung umzusetzen.
Hören Sie in der neuen Folge von „Die Stunde Null“,
- welche Rolle das Heizungsgesetz für die Käufer spielt,
- weshalb Immobilienkäufer jetzt sogar mehrere Berater brauchen,
- welche Mittel als Eigenkapital eingesetzt werden können.
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