Vermögensaufbau-Gipfel
Maxime Carmignac
„Die guten Zeiten für Vermögensverwalter sind vorbei“
Seit sie die Geschäfte von ihrem Vater übernommen hat, ist Maxime Carmignac das Gesicht des „neuen Carmignac“
© Felix Schmitt
Es gibt wieder Zinsen – wer braucht da noch Asset-Manager? Maxime Carmignac gibt auf dem Vermögensaufbaugipfel die Antwort – und erklärt, wie sie ihre Fondsboutique neu aufstellt

Klimawandel, Pandemien, Kriege und Inflation – es mangelt derzeit nicht an Krisen. Das lässt auch den Kapitalmarkt nicht kalt und verunsichert Anleger. Sie fragen sich immer häufiger, wo sie ihr Geld noch sicher investieren können, wo noch gute Renditen schlummern.
Der Name Carmignac dürfte dabei Vertrauen wecken. Gründer Edouard Carmignac startete seine Investmentboutique 1989 und erlebte einen rasanten Aufstieg. Insbesondere während der Finanzkrise 2008 machte er sich einen Namen, weil es ihm gelang, im Krisenjahr eine positive Rendite zu erzielen, während die meisten internationalen Indizes Verluste von mehr als 20 Prozent erlitten. Carmignac wurde zur Legende und schien das Geld seiner Anleger regelrecht anzuziehen: Das verwaltete Kapital der Investmentboutique stieg von 8 Mrd. Euro in 2007 auf 57 Mrd. Euro an.
Mittlerweile hat Maxime Carmignac, Tochter des Gründers, das Ruder im Familienunternehmen übernommen. Und sie steht in diesen Zeiten vor besonderen Herausforderungen.
Im Zentrum steht dabei die Inflation, schilderte Carmignac auf dem Vermögensaufbau-Gipfel von Capital am Donnerstag. Sogar der reichere Teil der Bevölkerung kämpfe inzwischen mit den Folgen der Preissteigerung. Dies hätten unter anderem die sehr enttäuschenden Zahlen des französischen Luxus-Konglomerats LVMH in dieser Woche gezeigt.
Die Zinsen sind zurück
Noch entscheidender: Die steigende Inflation hat auch die lang ersehnte geldpolitische Wende mit sich gebracht – endlich steigende Zinsen. „Jetzt sind die Erträge höher, man kann in Staatsanleihen investieren“, so Carmignac. Die Frage seit aber nun: „Wer braucht denn jetzt noch einen Vermögensverwalter?“
Das sei aber zu kurz gedacht. Zum einen müsse man den Realzins beachten: „Ein Inflationsausgleich gelingt mit einfachen Zinsprodukten nicht automatisch.“ Außerdem würden sich Marktphasen schnell abwechseln – was in einem Jahr gut funktioniere, sei im Folgejahr schon keine Erfolgsstrategie mehr.
Tatsächlich zeichnen Studien ein eher düsteres Bild für die Asset-Management-Branche: Die Beratungsgesellschaft PwC prognostiziert, dass bis 2027 jeder sechste Vermögensverwalter verschwinden wird. Hauptgründe dafür seien die digitale Transformation, veränderte Anlegererwartungen und Konsolidierungen.
Laut Carmignac führe das vor allem zu einer Polarisierung des Marktes, zwischen Investmentboutiquen wie Carmignac auf der einen und Industrieriesen auf der anderen Seite. Letztere würden sich vor allem durch Kostenvorteile am Markt halten können, sagt sie. Auch die Anzahl der aktiven Fonds gehe zurück: 40 Prozent der vor einem Jahrzehnt aufgelegten Fonds existierten nicht – der Markt schrumpft.
ESG-Anlagen im Trend
Für Asset-Manager ist es also entscheidend, sich jetzt gut zu positionieren. „Herausforderungen bieten Chancen“, glaubt Carmignac. Ein großer Trend, auf den sie dabei setzt, ist ESG. „2022 war kein gutes Jahr im Hinblick auf generell Marktperformance“, so Carmignac. „Und trotzdem standen ESG-Fonds deutlich besser da als der Rest.“ Das habe auch die Kapitalverteilung beeinflusst. „Wir sahen Abflüsse bei den nicht geregelten Fonds, während wir bei ESG-Fonds einen Zuwachs beobachtet haben.“
In den vergangenen Jahren seien Anleger oftmals enttäuscht worden, hätten das Vertrauen in den Finanzmarkt verloren, sagt Carmignac. Dies wolle sie besser adressieren. Ein Eckpfeiler ihrer Strategie seien daher Produkte mit fester Laufzeit. Dabei setze das Team auf klare Transparenz – egal ob beim Anlagehorizont, bei Erträgen oder Performancezielen. Über 800 Mio. Euro verwalte ihr Team bereits in diesem Bereich.
Auch alternative Anlagen seien Teil der Carmignac-Strategie. „Im letzten Jahr haben sich viele Anleger die Finger verbrannt“, sagt die Fondsmanagerin. „Die klassische 60-40-Strategie war enttäuschend.“ Jetzt seien viele Anleger bereit, unkorrelierte Renditen – beispielsweise über einen Merger-Arbitrage-Fund – auszuprobieren. Diese Art der Anlage korreliere quasi nicht mit dem globalen Markt. „Bei Carmignac sind wir sehr optimistisch mit dieser Anlageklasse“.
Investieren über Generationen
Während ihres Auftritts betont Carmignac immer wieder, wie wichtig eine langfristige Ausrichtung sei. Man wolle nicht nur für eine, sondern viele nachfolgende Generationen investieren. „Wir müssen unsere Kunden vor ihrem eigenen schlimmsten Feind schützen – nämlich sich selbst“, so Carmignac. Auf Panik bei Kursabstürzen folge oft der Übereifer, wenn es wieder gut laufe. „Daher wollen wir in beruhigende Produkte, also hochwertige und langfristig stabile Titel, investieren.“
Nachfolge – das ist auch bei Carmignac ein Thema. Nachdem Gründer und Patriarch Edouard Carmignac abgetreten war, stellte sich das Unternehmen neu auf. „Viele kennen Carmignac als Ein-Mann-Unternehmen – heute sieht es bei uns ganz anders aus“, sagt Tochter Maxime. Man habe diverse Teams aufgestellt und eine breite Produktpalette geschaffen, darunter sowohl Global-Equity- als auch Fixed-Income-Produkte – sie nennt es das „neue Carmignac“.