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Die Stunde Null
Booking.com-Managerin: „Reisen hat absolute Priorität für die Menschen“
Booking.com-Zentrale in Amsterdam. Die Buchungsplattform spürt weiter eine starke Nachfrage
© IMAGO / ANP
Die Deutschland-Chefin der Hotel-Plattform über den Run auf Ferienunterkünfte, die Kritik der Betreiber an den Gebühren – und die Frage, welche Rolle Geld bei der Platzierung der Angebote spielt
CAPITAL: Trotz aller Kriege und Krisen: Die Menschen reisen wieder im großen Stil. Inwieweit merkt man das bei Booking?
NADINE STACHEL: Wir sehen das ganz klar in unseren Zahlen. Wir haben im zweiten Quartal weltweit 280 Millionen Übernachtungen generiert, das ist ein Plus von neun Prozent zum Vorjahr und auch mehr als 2019, also im Jahr vor der Corona-Krise. Die Leute wollen die Zeit wieder gut machen, in der sie nicht reisen konnten.
Sie lassen sich also auch von der Inflation und den hohen Preisen nicht abhalten?
Das schreckt die Leute nicht ab. Wir sehen das in den Studien, die wir regelmäßig durchführen. Da sagen über 70 Prozent der Befragten, dass die Lebenshaltungskosten steigen, sie aber dennoch nicht aufs Reisen verzichten wollen. Sie wollen dann aber auch etwas für ihr Geld bekommen und entscheiden sich zum Beispiel für etwas längere Reisen. Aber ganz klar: Reisen hat absolute Priorität für die Menschen.

Booking.com-Deutschlandchefin Nadine Stachel kann kein Ende des Reise-Booms erkennen
© Booking.com
Es gibt immer wieder Vorwürfe von Hotelbetreibern an Booking. Da heißt es, die Anbieter stellen die Infrastruktur, und Booking schöpft die Sahne ab. Was entgegnen sie denen?
Erst einmal sind wir ja nicht der einzige Vertriebskanal für die Anbieter. In Europa haben Hotels in der Regel sechs bis sieben verschiedene Kanäle.
Aber Booking ist schon dominant.
Wir sind auf jeden Fall ein großer Player in Europa, aber es gibt mit Sicherheit auch noch andere Anbieter. Es wird ja auch nur jede vierte Buchung in Europa über eine Online-Plattform abgewickelt. Und über 60 Prozent werden immer noch direkt gebucht. Zudem ist unser Geschäftsmodell ja, dass wir eine Marketingplattform sind. Die Betreiber können sich ohne Kosten und ohne Aufnahmegebühren bei uns anschließen. Und wir vermarkten die Partner dann auf der ganzen Welt, in 45 Sprachen, in allen Suchmaschinen, die man sich vorstellen kann. Eine Gebühr zahlen muss er erst, wenn es wirklich zu einer Übernachtung kommt.
Die Gebühren liegen bei etwa 15 Prozent?
Das ist die durchschnittliche Kommission, ja. Aber wichtig ist: Wenn das Hotel den Online-Vertrieb selbst machen würde, wäre das auch nicht umsonst. Auch Google-Optimierung kostet Geld. Es gibt in Deutschland zu 70 Prozent Individual-Hotels. Die könnten die Reichweite gar nicht herstellen, die wir ihnen bringen. Wie soll denn ein Hotel im bayerischen Wald den Kunden in Japan ansprechen?
Ein anderer Vorwurf lautet, dass die Reihenfolge der Suchergebnisse auch dadurch beeinflusst wird, ob der Anbieter für eine gute Platzierung zahlt. Stimmt das?
Wir haben zunächst einmal ein personalisiertes Ranking, das sich Profil des Kunden orientiert. Darüber hinaus werden in einem speziellen Programm manche Partner mit einem gehobenen Daumen ausgezeichnet. Dafür kann sich registrieren, wer bestimmte Qualitätskriterien erfüllt. Und die zahlen einen höheren Prozentsatz, um oben gelistet zu werden. Aber nur weil jemand mehr Geld zahlt, steht er nicht auf Platz Eins, es gibt ja einen ausführlichen Algorithmus dahinter.
Aber die Zahlung ist schon eine Komponente bei der Platzierung?
Ja, aber es ist eben nicht der ausschließliche Aspekt. Die Umwandlungsrate ist für uns wichtiger als die gezahlte Provision.
Während der Pandemie haben viele Hotels deutlich günstigere Stornierungsbedingungen angeboten, um zu erreichen, dass die Leute überhaupt buchen. Was ist davon übrig geblieben?
Das Buchungsverhalten hat sich deutlich geändert. Es gibt eine starke Zunahme an kurzfristigen Buchungen. Und es gibt einen großen Bedarf, flexibel zu buchen. Letztendlich ist das aber die Entscheidung des Hotelpartners. Wir beraten weisen darauf hin, was die Kunden wünschen, das gehört auch zu unseren Aufgaben. Aber die Partner entscheiden selber.
Booking will ja wachsen und mehr anbieten als nur Unterkünfte. Wie soll das aussehen?
Unsere langfristige Vision ist das, was wir den connected trip nennen. Es geht also um das gesamte Reiseerlebnis. Suche, Unterstützung während der Reise, aber auch nach der Reise. Wir wollen ein zentraler Marktplatz für die Reise werden. Man kann bei uns über die Unterkunft hinaus auch den Mietwagen und den Flug oder den Zug buchen. Oder sogar Besuche von Sehenswürdigkeiten. Das wird aber noch lange nicht alles gewesen sein.
Hören Sie in der neuen Folge von „Die Stunde Null“ :
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Welche Rolle der deutsche Markt für Booking spielt
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Wie die Bewertungen auf der Plattform zustande kommen
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Wie groß der Anteil der Buchungen übers Smartphone ist
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